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Leitartikel: Die Sprache des Geldes (Teil 3)

5 min
Aktualisiert von Alex Roos
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In Teil 1 unseres ökonomischen Diskurses haben wir dargelegt, wodurch Geld zustande kommt und welche Rolle Gelde in der Gesellschaft und der freien Marktwirtschaft spielt. In Teil 2 der “Sprache des Geldes” behandelten wir die ersten der drei Säulen, wie Menschen Geld verdienen können, Handel und Produktion.
Während staatliche Eingriffe in die freie Marktwirtschaft die sinnvolle Verteilung von knappen Ressourcen stören, können sich Eingriffe auch negativ auf die anderen beiden Säulen der freien Marktwirtschaft, Kreditvergabe und Risikoübernahme, auswirken.

Kredite und Zinsen

In der Psychologie und der Volkswirtschaftslehre gibt es das Konzept der Zeitpräferenz. Dieses postuliert, dass Menschen die sofortige Bedürfnisbefriedigung (zum Beispiel durch Konsum) einer späteren Bedürfnisbefriedigung vorziehen. Durch die Zeitpräferenz kommt es in einem freien Geldsystem zur natürlichen Bildung eines Marktzinses, ohne dass dafür eine Zentralbank nötig wäre, welche die Leitzinsen festlegt. Dieser Zins dient als Anreiz dafür, dass Konsumenten ihre Bedürfnisbefriedigung auf einen späteren Zeitpunkt verschieben und Kreditnehmern ihr Geld zeitweise zur Verfügung stellen. Der Marktzins ist somit der Preis, welchen Sparer für den zeitweisen Konsumaufschub verlangen. Dieser unterliegt streng dem Gesetz von Angebot und Nachfrage. Wenn sich mehr Menschen dafür entscheiden, ihr Geld zu sparen, sinkt der Zins. Wenn mehr Menschen Kredite nachfragen, steigt er. Gleichzeitig wirkt sich der Zins auf den Kreditmarkt aus. Je niedriger der Zins, desto niedriger ist der Anreiz, weiter Geld zu sparen und desto höher ist der Anreiz, Kredite aufzunehmen. Der Zinssatz liefert somit ein wichtiges Signal an Unternehmer. Ein niedriger Zins weist darauf hin, dass Sparer ihr Geld auf die hohe Kante legen, um es zu einem späteren Zeitpunkt auszugeben. Ein hoher Zins weist wiederum darauf hin, dass sich die Konsumenten verschulden. Unternehmer werden daher bei niedrigen Zinsen Investitionstätigkeiten anfahren. Dabei profitieren sie nicht nur von den niedrigen Zinsen selbst, sondern auch von dem angesparten Geld der Konsumenten. Wenn nun Zentralbanken als Geldgeber für Geschäftsbanken einen Leitzins festlegen, verzerren sie dieses Signal. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Zentralbank den Leitzins auf ein unnatürlich niedriges Niveau senkt. Dies führt dazu, dass Unternehmer zwar investieren und ihre Produktionskapazitäten hochfahren, die Konsumenten sich aber gleichzeitig verschulden. In der Folge haben die Konsumenten später kein Geld mehr übrig, um sich die erzeugten Produkte leisten zu können. Dadurch geraten Unternehmen, welche getrieben durch die niedrigen Zinsen kräftig investiert haben, schnell in Schieflage.

Zombie-Wirtschaft

Zur Erhaltung einer gesunden Verteilung der knappen Ressourcen ist es nötig, dass nicht mehr marktfähige Unternehmen vom Markt verschwinden. Dadurch können die freigewordenen Ressourcen wirtschaftlich sinnvoller eingesetzt werden. Durch Niedrigzinsen können sich diese Unternehmen jedoch für eine lange Zeit am Markt halten, obwohl sie eigentlich nicht mehr konkurrenzfähig sind. Ökonomen sprechen in diesem Zusammenhang von Zombie-Firmen. Gemeint sind damit Unternehmen, die zwar pleite sind und nicht mehr gerettet werden können, aber durch Niedrigzinsen künstlich am Leben gehalten werden. Diese künstliche Lebenserhaltung kann die Unternehmen allerdings nicht dauerhaft vor einer Insolvenz bewahren, sondern diese nur auf einen späteren Zeitpunkt hinauszögern. Je länger die Politik der Niedrigzinsen andauert, desto mehr Zombie-Firmen bilden sich naturgemäß. Würde die Zentralbank die Leitzinsen nun anheben, so würde dies eine Welle von Unternehmensinsolvenzen nach sich ziehen. Daran will natürlich kein Zentralbanker schuld sein. Also wird der Zombiefizierung der Wirtschaft freien Lauf gelassen. Anders gesagt, die Zentralbank stellt sicher, dass Menschen, welche Produkte herstellen die niemand haben will, ihren Job nicht verlieren. Dass dies unweigerlich zu einem Crash führen wird, dürfte niemanden verwundern. Ereignisse, welche so einen Crash schließlich auslösen werden gemeinhin als schwarze Schwäne bezeichnet. In der Finanzkrise 2007/2008 war es die Lehman-Pleite, heute ist es das Coronavirus. Die Gefahr ist daher sehr groß, dass Politiker und Zentralbanken COVID-19 als Sündenbock für ihre eigene verfehlte Geldpolitik missbrauchen und diese Politik munter weiterführen.

Ein Markt für Risiken

Die dritte Möglichkeit, Geld zu verdienen, neben Handel und Krediten, liegt in der Übernahme von Risiken. Da die Zukunft unberechenbar ist, treten bei nahezu allen Transaktionen des täglichen Lebens Risiken auf. Baut jemand ein Haus, so besteht das Risiko, dass das Haus abbrennt. Bestellt man Güter bei einem Händler gegen Vorkasse, so besteht das Risiko, dass der Händler vor der Lieferung insolvent wird. Üblicherweise sind Menschen risikoavers, versuchen also alle übermäßigen Risiken zu vermeiden. Zu diesem Zweck gibt es zum Beispiel Versicherungsunternehmen. Diese übernehmen das Risiko gegen das sich ihre Kunden versichern, im Gegenzug zu wiederkehrenden Beitragszahlungen. Bei der Festlegung dieser Versicherungsprämien ermittelt der Versicherer einen Erwartungswert darüber, wie hoch seine Schadenaufwendungen sind und erhebt darauf eine Gewinnmarge. Diese Marge ist der Preis, den der Versicherer für die Übernahme des Risikos erhebt. Auch auf den Finanzmärkten spielen Risiken eine große Rolle. Ein Kreditgeber geht beispielsweise das Risiko ein, dass der Kreditnehmer den Kredit nicht zurückzahlen kann. Der Käufer einer Aktie übernimmt mit den Geschäftsanteilen auch einen Teil des Risikos. Der Prozess der Risikotransformation stimmt die Risikobereitschaft der einzelnen Marktteilnehmer gegeneinander ab. Grundsätzlich gilt allerdings: Wer Risiken an andere überträgt, muss dafür einen Preis bezahlen.

Eingriffe in die Risikoübernahme

Ähnlich wie in der Realwirtschaft und der Geldpolitik treten auch unerwünschte Effekte auf, wenn Regierungen in die Risikoübernahme eingreifen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Risiken vergemeinschaftlicht werden, also ohne Gegenleistung auf die Allgemeinheit übertragen werden. Dieser Fall trat durch die Bankenrettung nach der Finanzkrise auf. Die Banken haben bewusst hohe Risiken übernommen, in dem Wissen dass sie “too big to fail” sind und im Schadensfall auf Kosten der Steuerzahler gerettet werden. Seither haben Banken und Regierungen nichts dazugelernt. Im Zuge von COVID-19 wurden erneut Bailouts ins Gespräch gebracht, diesmal für Aktionäre und Hedgefonds. Ein Beispiel dafür sind die jüngsten Aktienkäufe der EZB. Auch auf dem Markt für Staatsanleihen liegt die Vergemeinschaftlichung von Risiken auf dem Tisch. Mit den Eurobonds, beziehungsweise der nun wieder vorgeschlagenen Coronabonds soll die EU gemeinschaftlich Schulden aufnehmen. Die nützt besonders den hochverschuldeten Staaten wie Italien und Spanien, welche nur eingeschränkten Zugang zum Kapitalmarkt haben. Eine Gegenleistung für diese Risikoübernahme ist dabei nicht vorgesehen. Im Endeffekt werden diese Staaten damit für ihre Überschuldung belohnt. Sie haben damit keine Anreize, dieses Verhalten einzustellen. Damit eine gemeinschaftliche Verschuldung der EU-Staaten funktionieren könnte, müssten die hochverschuldeten Staaten zumindest eine angemessene Gegenleistung erbringen.

Freie Marktwirtschaft und Sozialismus

Da die freie Marktwirtschaft auf den drei Säulen Handel, Kredite und Risikoübernahme steht, gibt es auch drei Arten von Sozialismus, welche die einzelnen Säulen angreifen. Die negativen Auswirkungen dieser sozialistischen Politik sind gut belegt. Am bekanntesten ist der Sozialismus in der Realwirtschaft, welcher auch als Planwirtschaft bezeichnet wird. In dezidiert sozialistischen Staaten wird die gesamte Wirtschaft von staatlichen Funktionären gelenkt. Allerdings kann es auch in demokratischen Staaten zu einem schleichenden Sozialismus kommen, da das staatliche Eingreifen an einer Stelle (zum Beispiel über Preismanipulation) weitere Eingriffe zwingend nach sich ziehen. In beiden Fällen kommt es dabei zu einer Fehlallokation von knappen Ressourcen. Im Zusammenhang mit der Niedrigzinspolitik der EZB spricht der Ökonom Roland Baader von “Geldsozialismus”. Dieser führt unter Anderem zur Bildung von Zombie-Firmen, einer unnatürlich hohen Zeitpräferenz in der Bevölkerung und zu allgemeiner Überschuldung. Der Risikosozialismus wälzt letztlich die Auswirkungen dieser Überschuldung auf die Allgemeinheit ab. Dadurch bekommen nicht nur Banken und Staaten den Anreiz, die Überschuldung weiter fortzuführen. Auch in der Bevölkerung und der Wirtschaft führt dies zu rücksichtslosem und fahrlässigem Verhalten. Der naive Glaube, dass der Staat uns alle retten wird, führt letzten Endes in die Unmündigkeit und Verantwortungslosigkeit aller. Langfristig können wir ökonomische Probleme nur durch die freie Marktwirtschaft lösen. Dazu müssen auch die Preise für Kredite und Risiken vom Markt frei festgelegt werden können. Schließlich müssen Anleger, welche bewusst Risiken eingehen, auch für ihre Entscheidungen haftbar gemacht werden. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass Banken, Staaten, Unternehmen und Privatpersonen wirtschaftlich sinnvoll und verantwortungsbewusst handeln. Ein Eingreifen des Staates in diese Mechanismen hat noch nie zu etwas Positivem geführt.
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Tobias W. Kaiser
Tobias verfügt über einen Bachelorabschluss in angewandter Informatik, sowie einen Masterabschluss in Kognitionswissenschaft mit Fokus auf kognitiver Psychologie und künstlicher Intelligenz. Während seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Gent nahm er an einem Forschungsprojekt in Verbindung mit einem großen französischen Telekommunikationsanbieter teil. Hierbei erforschte er die Anwendung von Spieltheorie auf den gemeinschaftlichen Ausbau von...
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