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Kommentar: Bundesverfassungsgericht vs. Christine Lagarde

2 min
Aktualisiert von Tobias W. Kaiser
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IN KÜRZE

  • Das Bundesverfassungsgericht schießt gegen die EZB und das höchste europäische Gericht.
  • Das Urteil ignoriert, dass die ruhigen Zeiten an den Finanzmärkten vorbei sind.
  • Wahrscheinlich wird das umstrittene, konservative Urteil kaum Auswirkungen haben.
  • promo

Sind die Anleihekäufe durch die Europäische Zentralbank (EZB) verfassungsfeindlich? Das Bundesverfassungsgericht meint, Ja. Konkret werfen die Richter der EZB vor, sie habe die wirtschaftspolitischen Auswirkungen ausgeblendet – und so den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit missachtet.
Das Demokratie-Defizit, das das Gericht bei Käufen der EZB kritisiert, ist in Wahrheit gar keines. Die Europäische Zentralbank ist sehr wohl dem EU-Parlament Rechenschaft schuldig. Und da das Parlament demokratisch gewählt ist, gibt es dieses Defizit so nicht mehr. Sollten die Forderungen umgesetzt werden, dass jedes Land die EZB-Käufe national absegnen muss, könnte Lagarde überhaupt nichts mehr kaufen.

Whatever it takes

Im Prinzip hadert hier das Bundesverfassungsgericht noch immer mit dem Souveränitätsverlust durch die Euro-Einführung. Der Kampf der hyperaktiven EZB gegen Banken und Versicherungen ist alt. Sorgt die EZB tendenziell für Zinsen gegen Null, hätten Banken und Versicherungen ein Interesse an höheren Zinsen (ergo keinen Ankäufen). Es gibt also einen grundsätzlichen Konflikt in Deutschland zwischen den Altvorderen (BVerfG, Banken, Versicherungen) und den moderneren Europanahen Institutionen. Der Kampf der hyperaktiven EZB gegen Banken und Versicherungen ist alt. Sorgt die EZB tendenziell für Zinsen gegen Null, hätten Banken und Versicherungen ein Interesse an höheren Zinsen. Das Verfassungsgericht hat sich noch nicht lösen können aus der guten alten Zeit, vor der großen Krise 2008. Damals bestand die Gefahr, dass die Weltwirtschaft zusammenbricht. In der alten gab es das nicht. Heute muss die EZB kurzfristig und robust auf die Märkte reagieren können – immerhin kämpft sie für einen großen Kontinent. Ungewöhnliche Situationen rufen nach ungewöhnlichen Maßnahmen. Musterschüler Europa wird nun in der Folge der Corona-Krise mehr als acht Prozent des Inlandsprodukts verlieren. Globale Märkte zu beruhigen ist keine Frage von “Verhältnismäßigkeit”. In manchen Situationen muss man eben unverhältnismäßig sein. So wie 2012 der damalige EZB-Chef Mario Draghi, der nichts weniger versprach, als: Er tue, was immer notwendig sei.

Lagarde unbeeindruckt

Die Europäische Zentralbank (EZB) kündigte am Mittwoch, dem 18. März, eine kolossale Rettungsaktion an, um die Märkte zu beruhigen. Kurz nach Mitternacht, nach einer langen Dringlichkeitssitzung des Gouverneursrats, wurde die Entscheidung bekannt gegeben, Aktienrückkäufe für 750 Milliarden Euro durchzuführen. Dies ist sechsmal mehr als die Ankündigung vom Donnerstag, dem 12. März, die von den Anlegern schlecht aufgenommen wurde. Entgegen dem Zögern der letzten Woche ist der Ton diesmal kriegerisch:
Der Gouverneursrat wird im Rahmen seines Mandats alles Notwendige tun. Er ist voll und ganz bereit, das Wertpapier-Kaufprogramm zu erweitern. Alle Optionen und Rettungsaktionen werden in Betracht gezogen, um die Wirtschaft während dieses Schocks zu unterstützen.
Auf Twitter machte Christine Lagarde noch deutlicher: “Diese außergewöhnlichen Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen. Unsere Unterstützung für den Euro kennt keine Grenzen.“ Allein für 2020 könnte die Ausgabe neuer Staatsanleihen aufgrund der Pandemie ein Volumen von 1,0 bis 1,5 Billionen Euro erreichen, sagte Lagarde am Freitag bei einer Online-Konferenz. Das mittelschwere Pandemie-Szenario der Europäischen Zentralbank geht für 2020 von einem Einbruch der Wirtschaftsleistung von acht Prozent aus. Damit hat das Bundesverfassungsgericht hat wieder einmal bewiesen, dass es wirtschaftlich nicht ganz auf der Höhe der Zeit ist. Mit dem Urteil zündeln die Bundesrichter auch am Europäischen Haus und versuchen die EZB und den Europäischen Gerichtshof zu brüskieren. Der Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) hatte am 11. Dezember 2018 keine Verhältnismäßigkeits-Überprüfung in den Mitgliedsländern vorgeschrieben, denn das sei schlechterdings nicht nachvollziehbar. Auch EZB-Chefin Christine Lagarde blieb unbeeindruckt: „Unsere Unterstützung für den Euro kennt keine Grenzen.“
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Manfred Weber
Manfred interessiert sich schon seit einigen Jahren für den Krypto-Raum und setzt seine intensive Erfahrung im journalistischen Bereich mit unterschiedlichen Schwerpunkten um.
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